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Freie Soziale Arbeit

Ein Essay zu Offenheit und Kollaboration

Die Soziale Arbeit steht an einem digitalen Wendepunkt. Inspiriert durch Lawrence Lessigs visionäre Ideen in “Freie Kultur“, möchte ich in diesem Artikel eine offene, kollaborative und ethisch verantwortungsvolle Zukunft aufzeigen, die jetzt schon teilweise Wirklichkeit ist.

Ein zentraler Aspekt dieses Wandels ist die verstärkte Hinwendung zu Open-Source-Software. Indem wir proprietäre Systeme hinter uns lassen, öffnen wir die Türen für eine größere Transparenz, Anpassbarkeit und Nutzerbeteiligung. Open-Source-Software ermöglicht es Sozialarbeiter*innen, aktiv an der Gestaltung der Werkzeuge teilzunehmen, die sie täglich nutzen. Dies führt nicht nur zu besser angepassten Lösungen, sondern fördert auch die gemeinsame Wissensbildung und den Austausch innerhalb der Fachgemeinschaft.

In einer Abkehr von den etablierten, zentralisierten Social-Media-Plattformen setzt die digitale Soziale Arbeit zunehmend auf dezentrale Netzwerke wie das Fediverse. Diese Plattformen bieten nicht nur größere Kontrolle und Schutz der Daten, sondern sind auch Ausdruck eines Gemeinschaftsethos, das die Autonomie und die individuellen Rechte der Nutzer respektiert. In einer Zeit, in der Datenschutz und ethische Bedenken immer wichtiger werden, stellt dies einen signifikanten Fortschritt dar.

Der Übergang zu offenen Systemen in der digitalen Sozialen Arbeit spiegelt auch ein tieferes Engagement für eine Kultur der Zusammenarbeit und (digitale) Teilhabe wider. Die Entwicklung von Programmen und Materialien in einem offenen, kollaborativen Prozess stärkt die Gemeinschaft und fördert innovative Ansätze zur Lösung sozialer Probleme. Diese offene Kultur trägt auch dazu bei, die Grenzen zwischen Sozialarbeiter*innen und den von ihnen betreuten Gemeinschaften zu überbrücken, was zu effektiveren und inklusiveren Lösungen führt.

Während wir uns für offene Systeme und Plattformen einsetzen, bleibt der Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten unserer Klienten von größter Bedeutung. Die digitale Soziale Arbeit muss weiterhin strenge ethische Standards und Datenschutzpraktiken aufrechterhalten. Die Herausforderung besteht darin, Offenheit und Zusammenarbeit zu fördern, ohne dabei die Vertraulichkeit und Sicherheit der von uns Betreuten zu kompromittieren.

Ein konkretes Beispiel für den Wandel in der digitalen Sozialen Arbeit sind Open-Source-Plattformen wie Nextcloud und Matrix. Diese Systeme bieten leistungsstarke Alternativen zu herkömmlichen proprietären Lösungen und ermöglichen eine nahtlose, sichere und ethisch verantwortungsvolle Zusammenarbeit.

Nextcloud, eine umfassende Plattform für Dateiverwaltung und Kollaboration, tritt als echte Alternative zu Google Drive oder Microsoft SharePoint in Erscheinung. Mit Funktionen, die von der Dateispeicherung bis hin zu Projektmanagement-Tools reichen, bietet Nextcloud eine breite Palette an Anwendungen. So kann beispielsweise die Nextcloud-Deck-App, die Trello ähnelt, für das Aufgabenmanagement verwendet werden, was die Organisation von Projekten und Teams erheblich vereinfacht. Mit Nextcloud Notes kann man ähnliche Workflows abbilden wie mit Evernote und seine Notizen und Daten in Echtzeit synchronisieren.

Ein weiterer Aspekt von Nextcloud ist die Integration von Jitsi, einer Open-Source-Alternative zu Zoom. Jitsi bietet Videokonferenz-Funktionalitäten, die für Online-Meetings, Supervisionen und sogar für die direkte Klientenarbeit verwendet werden können, ohne dabei Datenschutzbedenken aufkommen zu lassen.

Auf der anderen Seite steht Matrix, ein offenes Kommunikationsprotokoll, das sich als Alternative zu traditionellen Messaging- und Kommunikationssystemen etabliert hat. Matrix ermöglicht sichere, dezentralisierte Echtzeitkommunikation und kann problemlos in die Nextcloud-Umgebung integriert werden. Diese Integration schafft eine umfassende, interoperable Plattform, die sowohl Kommunikation als auch Kollaboration in der Sozialen Arbeit unterstützt.

Diese Kombination aus Nextcloud und Matrix demonstriert, wie Open-Source-Tools nicht nur funktional mit kommerziellen Produkten mithalten können, sondern auch erweiterte Kontrolle, Datenschutz und Anpassbarkeit bieten. Die Nutzung solcher Systeme in der digitalen Sozialen Arbeit ist ein deutliches Zeichen für ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung von Datenschutz, ethischer Verantwortung und Nutzerbeteiligung.

In der Praxis führt dies zu einer Umgebung, in der Sozialarbeiter*innen und Klienten sicher und effizient kommunizieren, Informationen teilen und an gemeinsamen Projekten arbeiten können, ohne dass die Sorge besteht, dass ihre Daten missbraucht oder ihre Privatsphäre verletzt wird. Die Verwendung von Open-Source-Plattformen wie Nextcloud und Matrix ist somit ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einer digitalen Sozialen Arbeit, die auf Offenheit, Transparenz und ethische Verantwortlichkeit setzt.

Diese Entwicklung hin zu offeneren, kollaborativen und ethisch fundierten Praktiken in der digitalen Sozialen Arbeit ist mehr als nur ein technologischer Wandel; es ist ein kultureller Wandel. Es geht darum, eine Gemeinschaft zu schaffen, die nicht nur innovativ und anpassungsfähig ist, sondern auch tief in den Werten der Fürsorge, der Inklusion und der sozialen Gerechtigkeit verwurzelt ist.

In Anlehnung an Lessigs Vision einer “freien Kultur” bewegt sich die digitale Soziale Arbeit mutig in eine Zukunft, die von Offenheit, Teilhabe und einem tiefen Respekt für die Rechte und Würde jedes Einzelnen geprägt ist. Dies ist der Weg zu einer gerechteren und vernetzteren Welt, in der die Soziale Arbeit eine zentrale Rolle bei der Gestaltung des digitalen Zeitalters spielt.